Klangkünstler Curtis Tammerforscht den Ultraschall mit ADAM Audio A7X Monitoren
ADAM Nutzer:innenIm Auftrag des Mori Art Museums in Tokyo hat Klangkünstler Curtis Tamm eine beeindruckende Klanginstallation erschaffen: Die Wiedergabe erfolgt über eine kreisförmige 8.1 Anordnung von Lautsprechern, die aus ADAM Audio A7X Monitoren und einem ADAM Audio Sub12 Subwoofer besteht.
Das Stück mit dem Titel „Spelling for Protection Against Oneself“ nutzt höchst ungewöhnliche Field-Recordings aus Tamms Klangbibliothek, u. a. den Gesang blinder Schamaninnen, ultrahochfrequente Zikaden-Geräusche, die harmonisch hoch komplexen Klänge von tonnenschweren Tempelglocken sowie Kampfgeräusche von Sumoringern. Die Installation beinhaltet zudem Kompositionen für ein japanisches Holzblasinstrument namens Shō und einen zehnköpfigen Frauenchor.
Unter der Vielzahl der verwendeten Klänge gilt der Ton der sog. Bonsho – tonnenschwere und bis zu 500 Jahre alte Tempelglocken – als besonders beeindruckend. Tamm hat für die Aufnahmen dieser klingenden Heiligtümer ein Dutzend verschiedener Tempel aufgesucht. Um den Klang adäquat einfangen zu können, nahm Tamm eine außergewöhnliche Aufnahmepositionen ein und stellte sich mitsamt Mikrophon direkt in den riesigen Glockenkörper – der Punkt, der von japanischen Glockenbauern vielsagend als „Gebärmutter“ bezeichnet wird. Ein ebenfalls zur Installation gehörendes viereinhalb mal sechs Meter großes Kreidediagramm visualisiert die Verbindungen zur unsichtbaren Klangwelt.
Mittels Pitchshifting und Timestretching seiner 100 kHz Aufnahmen und ihrer räumlichen Wiedergabe über das achtkanalige A7X ADAM Audio System platziert Tamm die Besucher buchstäblich inmitten eines rotierenden Wirbels aus fühlbaren Liminal-Frequenzen außerhalb des menschlichen Hörbereichs.
„Bei meiner Arbeit mit Sounds versuche ich, eine Welt jenseits unserer üblichen und direkten Sinneswahrnehmungen zum Klingen zu bringen“, erklärt Tamm. „Wir hören mit unserem gesamten Körper, nicht nur mit dem Trommelfell. Darüber hinaus bestimmt unser persönlicher Bezug zur Welt, unsere Erinnerungen und erlebte Traumata die Art und Weise, wie wir Klang wahrnehmen. Um dem Rechnung tragen zu können, bevorzuge ich Sound-Technologie, die nicht nur für die Wahrnehmung über das, vom restlichen Körper quasi losgelöste, Ohr konstruiert ist. Die Technologie muss in der Lage sein, den gesamten Körper als Sinnesorgan anzusprechen.“
Tamms Zielsetzung ist die Vermittlung eines „Klangbewusstseins“, entsprechend dem von der US-amerikanischen Komponistin Pauline Oliveros entwickelten Konzepts des „Deep Listening“. Der Genuss von Aufnahmen mit extrem weiten Frequenzbereichen soll für die Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen Bereiche eröffnen, die üblicherweise der Tierwelt vorbehalten sind.
„Japan besteht aus mehreren tektonischen Platten“, erklärt Tamm. „Deren Reibung erzeugt in jeder Stunde dutzendweise Erdbeben. Das bedeutet, dass sich das gesamte Land ständig auf unvorhersehbare Weise bewegt. Meine Installation legt nahe, dass animistische Lehren wie der Shintoismus und – wenn auch zu einem wesentlich abstrakteren Grad – die Entwicklung von Sprache von solchen geophysikalischen Phänomenen geprägt sind. Klangwellen sind eine Form von Berührung. Deren Wahrnehmung über das reine Hören hinaus könnte es durchaus vorstellbar machen, mit dem menschlichen Körper geophysikalische Phänomene, sprich: Erdbeben, zu ‚erspüren‘. ‚Spelling for Protection Against Oneself‘ spielt mit den Möglichkeiten einer erweiterten menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit und mit der Idee, auf solche Weise Zugang zu Naturphänomenen zu erlangen. Vielleicht macht sich die zukünftige Erdbebenforschung eine weiterentwickelte Form des Deep-Listenings zu Nutze.“
MAM-Projekt 026: Curtis Tamm
Organisator: Mori Art Museum
Unterstützung durch: ARCUS Project Administration Committee, The Art + Technology Lab at LACMA
Kurator: Kondo Kenichi (Curator, Mori Art Museum)
Foto-Credits (in der Reihenfolge des Auftritts):
Die Installation, MAM-Projekt 026: Curtis Tamm, Mori Art Museum, 2019, Foto von Kioku Keizo, Mori Art Museum
Tamm performt Tympanic Tether im Santozeum, 2015, Foto von Hermione Spriggs
Tamm im Studio. „In relation to air, silent stare“, 2019, Foto von Andrew Hunter